Keine Angst vor lieben Menschen
Ich sehe den Mann noch in mein Büro kommen. Strammen Schrittes. Oberkörper heraus. Strenger, prüfender Blick.
Wir hatten uns zum kostenfreien Erstgespräch vereinbart. Etwas Smalltalk. Dann meine Frage nach seinem Anliegen.
Er hätte schlechte Erfahrungen gemacht. Überall seien ihm Steine in den Weg gelegt worden. Immer wieder kleinere und größere Konflikte. Man hielte ihn für arrogant.
Nur ein paar Minuten, und die Anspannung schien weg. Durchatmen. Endlich höre ihm mal jemand zu.
Es ist immer die gleiche Erkenntnis. Die mit der harten Schale und dem weichen Kern.
Sich zu öffnen, haben viele Menschen verlernt. Das kleine Kind, welches voll Liebe und Urvertrauen geboren wird, es lernt, sich nach und nach anzupassen. Baut Schutzmauern auf. Grenzt sich ab.
Überleben in dieser mitunter so verrückten Welt.
Hierunter habe auch ich lange Zeit gelitten. Nicht immer bekam ich das von meinen Mitmenschen zurück, was ich gab.
Gutmütigkeit. Liebe. Vertrauen.
Dass mich manche Menschen als Gefahr betrachten, ich habe es mir irgendwann bewusst gemacht. Denn ich schaue hinter Fassaden, kann mich in den anderen einfühlen, habe oft eine Vorstellung, was in meinen Mitmenschen vor sich geht.
Dies kann manchem peinlich sein. Und es macht Angst.
Angst vor Gesichtsverlust.
Muss es aber nicht. Denn ist es nicht unser Mensch-sein, dass wir alle unsere Wunden und Narben haben? Tragen wir nicht alle unsere Erlebnisse und Erfahrungen mit uns herum?
Sicher: Nicht jedem wollen wir unsere Geschichte anvertrauen. Und das aufzuarbeiten, was uns vielleicht schon über Jahre oder Jahrzehnte belastet, es braucht seine Zeit.
„Auch der längste Umweg führt Dich irgendwann zu Dir selbst.“
Diese Botschaft ist ein Leitbild für mein Leben geworden und den Weg, auf dem ich Menschen begleiten möchte.
In einem geschützten Raum. Von Herz zu Herz. Von Mensch zu Mensch.
Denn:
„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“