Mit ganzem Herzen für die Dresdener Dampfer
Eigentlich bin ich ja ein Mensch, der gut schlafen kann. Die letzten Tage allerdings, sie bescherten mir keine schönen Träume. Eher ein paar unruhige Nächte. Der Grund? Unsere geliebten Dresdener Dampfer. Wohin werden sie in Zukunft schippern?
Dass ich die historischen Schaufelraddampfer seit meiner Kinderzeit in meinem Herzen trage, weiß jeder, der mich kennt. Nicht von ungefähr lautet der Titel meines ersten Buches „Zurück in die Kindheit – Eine Seelenreise auf der Elbe“ und handelt – natürlich – von unserer einzigartigen Flotte und der traumhaften Landschaft, die sie befährt. Mein zweites Buch „Wozu ich geboren wurde – Menschen. Ihre Lebenswege. Ihre Mission.“ habe ich auch ganz bewusst erstmals an Bord der Sächsischen Dampfschiffahrt vorgestellt, wenn es sich auch – ausnahmsweise – um eines der beiden Motorschiffe („August der Starke“) handelte.
Auch sonst baue ich die Schiffe auf der Elbe in meine Arbeit ein, fahre mit Klienten und Geschäftspartnern Dampfer und bin inzwischen sogar unter die Reiseveranstalter gegangen. Für das kommende Jahr darf ich eine, von der Fachgruppe Elbeschiffahrt initiierte exklusive Charterfahrt ins böhmische Litomerice organisieren und für die Zukunft habe ich schon weitere Ideen für Dampferausflüge auf historischen Spuren im Kopf.
Überhaupt vergeht von Frühjahr bis Herbst kaum eine Woche, in der ich nicht auf einem der neun historischen Schaufelraddampfer unterwegs wäre, am liebsten auf der Strecke von Dresden bis Bad Schandau, manchmal auch nach Meißen und Diesbar-Seußlitz oder, wenn die Zeit einmal knapp ist, zumindest bis zum Schloss Pillnitz.
Ja, das Leben meinte es sogar so gut mit mir, dass ich meine schönste Begegnung ausgerechnet an Bord meines Lieblingsdampfers „Pillnitz“ hatte: Heute ist die Frau, die damals eigentlich gar nicht aufsteigen wollte, meine Ehefrau.
Gemeinsam werden wir am 2. August 2019 an der außerordentlichen Gesellschafter-Versammlung in Dresden teilnehmen, die notwendig wurde, weil in der ersten Sitzung am 12. Juli 2019 nicht die erforderlichen Stimmen für ein Sanierungskonzept erzielt wurden. Es geht um nicht mehr oder weniger als die Vermeidung einer Insolvenz. Es geht um den Fortbestand des Unternehmens.
Selbstverständlich werden wir dem Konzept zustimmen.
Und wir bauen auf die große Mehrheit unserer Mitgesellschafter. Mehr als 180 Jahre Firmengeschichte dürfen nicht zu Ende gehen und ich schreibe dies nicht aus der Perspektive der Nostalgie. Aber: In dem Bewusstsein unschätzbarer Werte, die nach den Bewertungen von Ökonomen vor allem ideeller Natur sind. Werte eben, die man nur mit ganzem Herzen sehen kann.
Diese sind es, die mir im tieferen Sinne Hoffnung geben, dass die Gesellschaft auch diese Krise überstehen wird. So wie zuvor zwei Weltkriege, eine Weltwirtschaftskrise, die Wendezeit und andere größere und kleinere Herausforderungen. Wenn wir uns bewusst machen, welch außergewöhnliche Attraktivität die Sächsische Dampfschiffahrt besitzt, dann werden wir auch wieder in ruhiges Fahrwasser gelangen und uns über positive Jahresabschlüsse freuen können.
Ja, wir verfügen über Voraussetzungen, um die uns andere beneiden: Neben dem Markenkern der „ältesten und größten Raddampferflotte der Welt“ und dem wunderschönen Fahrtgebiet haben wir die Menschen vor Ort. Unzählige Einwohner, die sich der Elbeschifffahrt verbunden fühlen. Mitarbeiter, die an ihrer Flotte hängen. Und: Gäste, die in Scharen unsere Region besuchen. Nicht nur Dresden gilt als Publikumsmagnet. Auch Meißen lockt Touristen. Und die Sächsische Schweiz ist gar touristische Wachstumsregion Nummer Eins in unserem Freistaat! Wir „müssen“ die Menschen nur abholen. Mit offenem Herzen und in dem Bewusstsein, welche Schätze wir von unseren Vorfahren geerbt haben.
Hört sich das alles zu gut an, um wahr zu sein?
Natürlich gibt es zwei Einflussfaktoren, die außergewöhnliche Herausforderungen für den Geschäftsbetrieb darstellen. Und genau deshalb möchte ich sie separat beleuchten.
Zum einen das extreme Risiko des Niedrigwassers, welches ursächlich für die momentane Situation der Gesellschaft erscheint und das uns seit Ende Juni schon wieder in Atem hält. Dass zu diesem Zweck eine spezielle Rücklage gebildet werden soll, ist gewiss ein Schritt in die richtige Richtung. Ob die Sächsische Dampfschiffahrt diese „höhere Gewalt“ auf Dauer allein beherrschen kann, bleibt allerdings die Frage. Am Rhein beispielsweise laufen Gespräche, um mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums die Schiffbarkeit zu verbessern und mir ist bewusst, dass wir hier von einem ungleich höheren Verkehrsaufkommen sprechen. Vielleicht ist dennoch der Gedanke zulässig, dieses spezielle Problem nicht allein dem Unternehmen zu überlassen, sondern mit den zuständigen Behörden über mögliche Verbesserungen der Rahmenbedingungen auf der Oberelbe zu sprechen.
Die zweite besondere Herausforderung betrifft die Instandhaltung der Schaufelraddampfer. Dass diese wesentlich höhere Kosten als moderne Motorschiffe verursachen, ist bekannt. Daraufhin die Dampfschiffe perspektivisch in einer eigenständigen Gesellschaft zu verwalten, scheint mir eine Überlegung wert zu sein. Ein Blick in die Schweiz könnte helfen, wo die Vereinigungen der Dampferfreunde in Kooperation zwischen privaten Geldgebern und den öffentlichen Stellen seit Jahrzehnten Finanzierungen für die Sanierung ihrer Dampfer bereitstellen. Am Genfer See zum Beispiel ist auf diese Weise in den zurückliegenden Jahren so viel Positives zur Instandsetzung der historischen Radschiffe geschehen, dass dies in meinen Augen vorbildlich erscheint. Wenn auch nicht alles eins zu eins umsetzbar sein wird: Gute Anleihen von erfolgreichen Partnern sind sicherlich sinnvoll.
Ja, und gewiss können wir uns noch über weitere Themen verständigen, die das Unternehmen in den nächsten Jahren zunehmend beschäftigen werden. Schon jetzt etwa der Fachkräftemangel, vor allem im Bereich der Gastronomie. Dazu die Zukunft der Werft Dresden-Laubegast. Vielleicht tut uns gerade in diesen Fragen auch das Vertrauen gut, dass sich hierzu Lösungen finden lassen werden. Aktionismus hat noch niemandem so recht geholfen und den kühlen Kopf können wir nur dann bewahren, wenn wir wissen, wofür unser Herz schlägt.
Seit ich in den vergangenen Tagen die einzelnen Punkte der momentanen Situation unserer Flotte einmal in Ruhe reflektiert habe, schlafe ich zumindest wieder besser. Und wenn meine Gedanken ein Stück weit helfen können, einander Mut zu machen und auf vertrauensvollem Wege zukunftsträchtige Entscheidungen herbeizuführen, dann verstärkt das die Hoffnung von mir und vielen Gleichgesinnten, dass unsere Dampfer künftig wieder auf einem guten Kurs auf der Elbe unterwegs sein werden.